Sonntag, 26. Juli 2020

Fuck you, Tinder

Heute Mittag habe ich meinen Tinder-Account gelöscht. Ziemlich angepisst. Oh, es könnte sein, dass ich in diesem Post etwas verschissen viel fluche.

Wieso hatte ich überhaupt einen Account bei dem Drecksladen? Im Endeffekt hat das mehr als Scherz angefangen, als eine Freundin meinte, das könnte mir helfen, jemanden kennenzulernen.
Mein altes Gammel-Smartphone zu dem Zeitpunkt konnte nicht einmal die verkackte App starten, was schon Zeichen genug hätte sein müssen. Allerdings lässt sich der Rotz auch per Webseite benutzen, sodass ich mich darauf verlegt habe.

Was mir direkt auffiel, ja gerade zu ins Gesicht gekotzt hat, ist die un-fucking-fassbare Oberflächlichkeit dieses beschissenen Services. Du kannst ein ganzes Dutzend Bilder von dir hochladen (da komme ich gleich noch zu) und dann wahnsinnige, geradezu exorbitant massive 500 (ja, fünf-scheiß-hundert!) Zeichen als Profiltext eingeben. Zum Vergleich: Nach dem zweiten Absatz dieses Posts war ich schon mehr als 50 Zeichen drüber. Da kannste natürlich schön detailliert deine komplette Lebensgeschichte niederschreiben … Der Text wird übrigens auch erst angezeigt, wenn man bewusst klickt. Was vermutlich erklärt, warum es so wenig ist, weil sich das eh kein Arsch durchliest, wenn er oder sie stattdessen schlampige Bilder hin und her wischen kann.
Mir ist natürlich klar, dass Tinder gar nicht erst damit wirbt, eine ernsthafte Partnervermittlung sein zu wollen, sondern vielmehr eine Anlaufstelle für läufige Singles (oder drecksverhurte Fremdgeher) darstellt, die sich durch die Bevölkerung vögeln wollen. Trotzdem gibt es viel zu viele Profile, in deren Beschreibungstext nur nach "etwas ernstem" gesucht wird. Mag sein, dass ich ganze Kacke am Ende selber etwas zu ernst genommen habe, aufregen tut mich die Scheiße trotzdem.

Die Profile kann man grob in mehrere Kategorien einteilen:
Da gibt es die ehrlichen, die auf den Photos schon so einen notgeilen Blick drauf haben und auch in ihrem Text (wenn denn einer vorhanden ist) ihr Gesuch äußern, endlich mal wieder "richtig gefickt" werden zu wollen. Mal drüber nachgedacht, dass euch das Leben scheinbar sowieso schon gefickt hat, wenn ihr bei Tinder nach sowas suchen müsst?
Dann sind da die ganz klaren Lügner, mit Photos schön von oben in die Tiefen des Ausschnitts, bei dem man direkt feststellen kann, ob sie komplett rasiert sind oder noch ein Streifchen vorhanden ist - aber im Text will man von "ONS oder F+" natürlich nichts wissen. Meine Fresse. Verpisst euch, ihr Fotzen.
Supersportler in trendigen Outifts und Posen sind natürlich en masse vorhanden. Ob nun Bouldern, (Kite) Surfen, Pole Dancing oder - ganz besonders beliebt - Yoga - sie sind alle dort zu finden. Und selbstverständlich ist man auch sonst ganz doll aktiv unterwegs und so. Und immer schön den Arsch in der engen Leggings in die Kamera halten, aber wehe, da guckt einer hin oder kommentiert das auch noch! Ihr Ficker.
Eben schon erwähnt, aber an sich noch eher eine eigene Katgeorie, sind die Yoga-Girls. "Schaut her, ich hampel hier total kunstvoll vor einem Sonnenuntergang am Strand rum!" Mädel, willst du Werbung für irgendwas machen oder ficken? Dann noch einen mit leicht pseudo-esoterisch angehauchten Schlagwörtern durchsetzten Profiltext dazu ("spirituell", "open minded" sind die beliebtesten) - Voilà! Bitte hier auf diese Yoga-Matte kotzen.
World Traveler (weil deutsch ist ja so out) sind auch ganz groß. Am besten noch auf einer (eigenen) Segelyacht posieren, um auch ja deutlich zu machen, dass Geld für sie kein Problem darstellt. Immer unterwegs, immer aktiv, aber ach ja, Kinder wollen sie schon ganz gerne an sich. Kein Ding, im Zweifel einfach über Bord werfen, wenn es einem dann doch zu eng wird auf der Yacht. Ich muss mehr essen, ich kann schon gar nicht mehr weiter kotzen...
Eine äußerst subtile Kategorie sind auch die Frauen, die sich gerne mit Luxus umgeben, aber selber nicht über die ausreichende finanzielle Grundlage verfügen. Auf den Bildern daher auch immer mit einem Gläschen Sekt - Entschuldigung, ich meinte natürlich Champagner! - zu sehen, zu engem Kleid, aggressivem Make-up und teuren Accessoires suchen sie nach gut situierten Männern, von denen sie sich aushalten lassen können für gelegentliche sexuelle Dienstleistungen. Hans, get ze Flammenwerfer!
Richtiggehend spannend wird es bei denen, die das verkackte Prinzip nicht verstanden haben. Noch mal kurz zur Erinnerung: Man kann eine ganze Menge Photos einstellen, die auch direkt angezeigt werden, das bisschen Text (sofern überhaupt vorhanden), erst nach einem zusätzlichen Klick. Wenn dann ein Bild von einer Blüte, irgendeine pseudo-relevante Graphik, eine einfarbige Fläche oder immerhin ein Photo von hinten als einziges Bild vorhanden ist, möchte ich nicht meinen Kopf auf die Tischplatte schlagen, sondern deren. Möglichst mehrfach, bis es vielleicht doch noch 'Klick!' macht. Das ist eine scheiß-oberflächliche Kack-App, die in allererste Linie über Photos funktioniert. Ihr kriegt nicht einmal das gebacken? Und dann die Begründungen (ich war ja manchmal schon neugierig): "Ich bin bekannt, deswegen erst mal kein Photo" - dann nutz doch nicht die App, du verblödetes Etwas! "Ich will erst mal sehen, ob jemand ernsthaft an einer Unterhaltung interessiert ist" - aber ich will doch wissen, mit wem! Gehst du auch nur mit einer Tüte über dem Kopf nach draußen? Vielleicht, und vielleicht ist das besser so... Mann, Mann, Mann, schon mal was vom ersten Eindruck gehört? Der ist bei euch Blitzbirnen natürlich hervorragend.
So ein ganz paar tatsächlich nette, mindestens halbwegs natürliche Profile gibt es auch, allerdings sind die derart in der Unterzahl, dass es kaum lohnt, zu warten, bis Tinder sich entscheidet, einem ein solches anzubieten.

Wenn es dann doch mal zu einem Match kommt, wird es erst so richtig interessant. Was passiert? Tja, in den meisten meiner Fälle genau gar nichts. Man ist ja im Internet unterwegs und da ist es völlig egal, ob man sich verhält wie ein Arschloch - so zumindest der Anschein (gilt natürlich nicht nur für Tinder). Heißt im Klartext: Obwohl ein Match nur zustande kommt, wenn beide nach rechts gewischt - also "geliked" haben - kann das jederzeit von einer der beiden Parteien wieder gelöscht werden, auch grundlos. Man könnte natürlich eine Nachricht an die betreffende Person schreiben, dass man sich "verwischt" hat oder erst im Nachhinein auf die glorreiche Idee kam, den Profiltext zu lesen, aber das ist wohl zu viel Arbeit. Und wie bereits erwähnt, im Internet ist Höflichkeit ja generell eher unbekannt.
Sowas kann auch mal mitten in einer Unterhaltung passieren, so wie bei mir zuletzt und der Auslöser für das Löschen meines Accounts und das endgültige Verfassen dieses Beitrags (geplant ist der schon länger). Manchmal habe ich mich schon gefragt, ob den Mädels bewusst ist, dass nicht nur das Match, sondern auch die Nachrichten gelöscht werden.

Eine Kleinigkeit bei der ganzen Kack-Geschichte war durchaus unterhaltend: Mit einem Kumpel per Skype zu schnacken, parallel ein Gläschen zu trinken und nebenbei bei Tinder zu wischen. Da konnte man sich dann auch über die ganz besonderen "Highlights" unterhalten oder mal den einen oder anderen Screenshot austauschen. Rechtfertigt aber definitiv nicht das Fortbestehen meines Accounts, also weg mit der Scheiße!

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