Montag, 13. Juni 2011

Kanpai!

Nachdem wir am letzten Samstag nur den halben Tag in der Firma arbeiten waren, konnte ich den freien Nachmittag nutzen, um mir unseren Aufenthaltsort ein klein wenig näher zu besehen. Einer meiner Kollegen schloss sich mir an und so sind wir zusammen durch Taicang spaziert.
Von unserem Hotel aus benötigt man grob 20 Minuten, um zu Fuß nach Downtown zu kommen, was durchaus auch mal seinen Reiz hatte. Es nieselte anfangs leicht und später etwas mehr, aber als Norddeutschen störte einen das recht wenig.
Auf beiden Seiten ist die Straße gesäumt von kleinen Läden, in denen sich meist außer den Verkaufsgegenständen recht wenig anderes befindet. Viele Shops bieten Lebensmittel, mal eher auf Getränke, mal eher auf feststoffliche Nahrung spezialisiert, feil. Außerdem finden sich dort eine Menge Zweiradläden, die (Elektro-) Roller für relativ geringes Geld (nach deutschen Standards) verkaufen.
Von denen fahren auch eine beachtliche Menge auf den chinesischen Straßen umher, und meiner Vermutung nach in ständiger Angst um ihr Leben, bei dem Fahrstil der Chinesen. Statt Blinker wird meistens die Hupe benutzt, nur das Abbremsen fehlt zumeist. Da muss man schon auf der Hut sein, ebenso wie an Kreuzungen, denn bei nicht ganz so stark befahrenen Straßen werden Ampeln schon mal geflissentlich ignoriert, wenn sie denn überhaupt vorhanden sind. Zebrastreifen geben auch nur ungefähr die am wenigsten gefährliche Stelle an, um die Straße als Fußgänger zu überqueren. Das ist als Deutscher erstmal irritierend, dass man sich andauernd umschauen muss, während man über die Straße geht.
In Downtown präsentierte sich Taicang tatsächlich als recht modern und westlichen Standards zumindest angenähert. KFC, Pizza Hut, Starbucks, Wal-Mart und ein Apple Store in einem Türmchen sind nur ein paar der bekannteren Namen. Genauso sind auch dort kleinere Läden vertreten, zusammengefasst in größeren Komplexen, in denen sich Laden an Laden reiht. Das Problem an der Sache ist nur, dass sich auch die Preise mittlerweile stark an westlichen Standards orientieren und man deswegen kaum wirkliche Schnäppchen machen kann. Dafür war das Burger-Menü bei KFC mit umgerechnet circa drei Euro noch relativ günstig im Vergleich.

Auf dem Rückweg erinnerte mein Kollege mich an eine Gelegenheit, die wir schon auf dem Hinweg entdeckt hatten. Unweit von unserem Hotel befindet sich ein recht unscheinbarer Eingang zu einem Fußmassagesalon. Der Kollege, der schon öfter in China war und dementsprechend über ein ordentliches Plus an Erfahrung verfügt, sprach sich eindeutig für einen Test des Salons aus. Da ich noch nie irgendeine Massage von Fachpersonal genossen habe, war ich sofort mit dabei. Und es hat sich definitiv gelohnt! Nachdem wir dem leider nicht englischsprachigen Empfangsmann einigermaßen verständlich klar gemacht hatten, dass wir uns eine Fußmassage angedeihen lassen wollten, führte er uns in einen Raum mit Sesseln, auf denen wir Platz nahmen.
Kurze Zeit später kamen zwei Masseurinnen, die zu allererst zwei Tröge mit heißem Wasser füllten, worin wir unsere Füße einweichten. In das Wasser gaben sie noch ein paar Zusatzstoffe, die sie uns auswählen ließen. Aufgrund der schon bekannten Sprachbarriere endeten ihre Erklärungsversuche schlicht damit, dass wir uns einfach für eine der angebotenen Packungen entschieden. Rein von der Optik und vom Geruch her nehme an, dass es sich dabei um Kräuter, Tee oder ähnliches hielt. Auf jeden Fall hatte es keine negativen Auswirkungen. Während unsere Füße also vor sich hin kochten, wurden uns ein wenig der Nacken und Rücken massiert und danach noch ein wenig die Arme und Hände geknetet. Sehr interessante Erfahrung und es lockert tatsächlich ordentlich auf. Das Bier, das wir den Empfangsjungen schicken geholt hatten, war plötzlich ganz schön schwer in der Hand. Nach den Händen kamen die Damen dann zum Höhepunkt, unseren Füßen. Mit einem Öl wurde jeder Fuß einzeln massiert, geklopft, gedrückt, gezogen, gedehnt und geknetet. Mitunter war es fast ein wenig schmerzhaft, wenn die Masseurin mit den Fingerknöcheln in die Fußsohle drückte, aber darauf folgte auch wieder ein entspannteres Massieren. Insgesamt sehr angenehm und wirklich sehr entspannend. Die ersten Schritte danach fühlten sich an wie auf Wolken. Kann ich nur empfehlen, wenn man mal die Gelegenheit dazu hat. Wir werden uns das hier bestimmt auch noch das ein oder andere Mal angedeihen lassen.

Am Abend dann waren wir mit insgesamt fünf Leuten (zwei von Will und drei von der Konkurrenz Bielomatik, trotzdem nette Leute) in einem Restaurant mit dem Namen Lofty Teppanyaki. Das Lokal hat zwei Etagen, und man kann wohl auch (zumindest im Erdgeschoss) á la carté essen, aber das ist ja auf Dauer langweilig. Deswegen hatten wir in der zweiten Etage einen Tisch bestellt, und das bedeutete Teppanyaki Buffet. Allerdings läuft das nicht in der Form ab, wie man das so kennt, sprich, das man seinen Teller nimmt und am aufgebauten Buffet entlangscharwenzelt und sich sein Menü selbst zusammenstellt.
Wir saßen im kleinen "U" um eine üppige Stahlplatte, die sich als Bratfläche entpuppte, und wurden als erstes dem Koch, der dahinter bereit stand, vorgestellt. Ein paar von den Jungs waren schon einmal dort und kannten den nur als "King" bekannten Koch schon. Der Kerl stellte sich als ziemlich lustiger und trinkfreudiger Geselle raus. Als wir alle unsere erste Runde Tsingtao (chinesisches Bier) stehen hatten, bekam auch er sein Glas, das er gerne und oft zum Anstoßen und anschließenden Leeren nutzte. Dabei fiel dann meist das übliche "Kanpai!", was soviel wie "Prost!" und "Auf ex!" bedeutet und dann auch genau dazu führt.
Das Essen startete mit ein paar milden Knoblauchzehen, die King auf der Platte leicht anbriet, dazu wurden ein paar Sashimi (weißer und roter Thun, sowie Lachs) gereicht. Nacheinander wurde es dann immer besser, wir bekamen Kabeljau, King Prawns, Ente, Hühnerbrust mit Gemüse, Entenleber in Toast, Rinderfilet mit Zwiebeln (alles lecker gebraten) und als krönenden Abschluss panierte Banane, die ordentlich flambiert wurde (heiße Sache), vorgesetzt. Die Frische und die Qualität der Speisen hat man deutlich geschmeckt und überhaupt gab es nichts, das ich nicht gemocht hätte. Bei dem Stück Entenleber war ich zugegebenermaßen skeptisch, aber man muss ja probiert haben, um sich ein Urteil erlauben zu können. Und ich bin im Nachhinein froh, das auch getan zu haben, denn die Leber erwies sich tatsächlich als kleines Highlight und schmeckte wirklich lecker. Wir durften sogar noch einzeln nachbestellen, so gab es dann noch einmal King Prawns und Rinderfilet.
Auch lecker war der Sake, der zwischendurch bestellt wurde und ganz traditionell in kleinen Tonkrügen an den Tisch bzw. auf den Rand der Bratfläche gestellt wurde. Je wärmer der Sake wurde, desto mehr merkte man allerdings auch, wie er wirkte. So richtig extrem wurde das dann, als King sein Gläschen Sake in die Hand nahm und in seinem vollen Bierglas versenkte. Nach der Aktion mussten wir natürlich nacheifern und ließen allesamt mal wieder ein fröhliches "Kanpai!" verlauten, um anschließend die Gläser zu leeren. Bei einem Mal blieb das natürlich nicht und zum Schluss musste sogar eine Kellnerin mittrinken.
Alles in allem ein richtig gelungenes Essen, vor allem wenn man bedenkt, dass wir umgerechnet 17 € (158 Renminbi Yuan) bezahlen sollten, in denen sowohl das Essen als auch alle Getränke beinhaltet waren. Wir haben uns dann geschlossen darauf geeinigt, 200 Yuan zu zahlen, was ungefähr 21,50 € entspricht. Dafür hätte man in Deutschland wahrscheinlich gerade mal die Getränke bekommen, wenn überhaupt.

Nach dem leckeren Essen saßen wir dann abschließend noch eine ganze Weile im Edelweiß und genehmigten uns ein paar weitere Getränke. Da ich mittlerweile die Nase voll von Bier hatte, verlegte ich mich auf Cuba Libre, oder eben das, was man hier als Cuba Libre bekommt (Limetten zum Beispiel gibt es nicht, aber immerhin Zitronen). Als ich dann schon weit nach Mitternacht die Bar verließ, war ich durchaus ordentlich angeheitert. Dank des guten Essens hatte ich immerhin eine anständige Grundlage geschaffen, aber dennoch zeigte die Menge an konsumiertem Alkohol durchaus ihre Wirkung.

Am Sonntag ging es dann am Vormittag los in Richtung Shanghai. Mein Magen fühlte sich noch etwas flau an, weswegen ich die grob eineinviertelstündige Fahrt über lieber die Augen geschlossen hielt und meine Gedanken weg von meinem Mageninhalt hin zu angenehmeren Gedanken lenkte.
In Shanghai angekommen schließlich präsentierte sich die Stadt wie schon bei meiner Ankunft und auch die vergangenen Tage über in Taicang mit dicken Schwaden behangen, die wie eine tief hängende Wolkendecke den Blick zum Himmel versperrten. Manche Gebäude verschwanden mit ihren Dächern darin, was interessante Photos ergab. Teils sieht das schon etwas bedrohlich aus.
<Photos Shanghai im Nebel>

Mit den Jungs von Bielomatik zusammen spazierten wir dann über den örtlichen Schwarzmarkt, auch liebevoll als "Copy Market" bekannt, der seinen Eingang interessanterweise am Wissenschafts- und Technologiemuseum hat. <Photo Museum> Das ganze befindet sich im sprichwörtlichen Untergrund und so finden sich dort sogar U-Bahn Anbindungen.
Letzten Endes handelt es sich bei dem Areal um viele, kleine Lädchen, die dicht zusammen eine recht unüberschaubare Fläche belegen, immer mal wieder unterbrochen von besagten U-Bahn Zugängen oder kleineren bis mittleren Lokalen wie KFC oder Bistros. Allerdings wiederholt sich vieles recht schnell und auch die Auswahl ist bei den Shops oft die gleiche. Noch dazu merkt man bei dem einen oder anderen Angebot auch nur zu deutlich die qualitativen Unterschiede zu den originalen Markenäquivalenten. Denn die Markennamen werden ja immer brav mitkopiert, nur in den Details schwächeln die Kopien manchmal schon ordentlich. Aber solange man sich dessen bewusst ist, kann man recht günstig den ein oder anderen Einkauf wagen, wobei man grundsätzlich dem Handeln gegenüber nicht abgeneigt sein darf. Vom ursprünglich genannten Preis sollte man schon mal lockere 50% abziehen, um eine gute Grundlage zum Handeln zu haben. Das sorgt natürlich erst einmal für (gespielte) Empörung, aber so lässt sich manches Schnäppchen machen. Wenn man lange genug mit den Händlern geschnackt hat und sich dann doch zum Gehen wendet, besinnen sie sich so manches Mal und zeigen doch noch guten Willen und bieten einem einen vernünftigen Preis.
Ich habe mir dann auch ein paar Kleinigkeiten gegönnt. <Photo Einkäufe Copy Market> Zum einen entdeckte ich in einem Shop ein paar sehr coole New Super Mario Bros. Wii-Figuren (von denen ich gedenke, mir in der Zukunft auch noch ein paar mehr angedeihen zu lassen), die es auch gleich in einem Set gab, sehr nett. Dann habe ich doch tatsächlich Werwölfe von Düsterwald in einer chinesischen Version gesichtet, auch das wurde gleich eingepackt. Ich überlege, das Spiel meiner kleinen Schwester zu schenken und ihr dann (gegen entsprechende Bezahlung, versteht sich) das deutsche Regularium zukommen zu lassen. Mal sehen, was sich aus diesem Plan noch machen lässt. Das Spiel entdeckte ich, während ich eigentlich in einem kleinen Krämerlädchen nach einer "Maneki Neko", einer "Money Cat" Ausschau hielt. Nachdem ich eine dieser Katzen im Edelweiß sitzen sah, fragte ich mich, was es damit auf sich hatte. Auf Anfrage bei einer der Kellnerinnen kam die witzige Antwort "Money is coming!" Damit war auf jeden Fall ein kleiner Running Gag geboren und ich setzte mir die fixe Idee in den Kopf, mir eine solche Katze anzuschaffen, allzumal die erhobene linke Pfote durch eine kleine Motorik ständig am Winken ist (bis die Batterie mal erschöpft ist). Auch eine Money Cat nahm ich aus dem Shop mit und schlenderte glücklich weiter umher. Die Katze erinnerte mich irgendwie an einen YouTube-Clip aus dem Film "Jerry Maguire - Spiel des Lebens", auf den ich irgendwann mal gestoßen bin, obwohl ich den Film leider nicht gesehen habe (noch nicht). Passt doch irgendwie, oder?
Von zwei weiteren Anschaffungen kann ich an dieser Stelle aus zwei völlig verschiedenen Gründen noch nicht sprechen. Den einen Punkt werde ich zur Mitte der Woche wahrscheinlich enthüllen können, der andere muss bis zu meiner Rückkehr verharren, dann werde ich diesen Post auch nachbearbeiten.

Nach unserer ausgiebigen Shoppingtour ließen wir uns im Paulaner nahe des Oriental Pearl Tower <Photos Pearl Tower & Paulaner> nieder, um ein wenig deutsches Essen und deutsches Bier zu genießen. Aufgrund meines erhöhten Alkoholkonsums am Abend vorher blieb ich für meinen Teil allerdings beim Eistee, der dafür sehr erfrischend war.
Die Runde war ziemlich entspannt und so haben wir eine ganze Weile zusammengesessen, bis wir schlussendlich wieder die Rückreise nach Taicang antraten.

Dort wieder im Hotel angekommen überraschten mich zwei Wäschebeutel auf meinem Bett. Kurz vor der Abfahrt nach Shanghai hatte ich am Vormittag noch schnell um Abholung derselben gebeten, da war es fünf vor zehn. Nun also waren die Sachen schon wieder gewaschen und getrocknet zurück, nicht schlecht. Und noch weniger schlecht staunte ich, als ich mein Arbeitshemd aus dem Beutel holte, das aussah wie neu. Nicht nur, dass es gewaschen und gebügelt wurde, es wurde auch noch fein zusammengelegt, mit einer Banderole und einer Pappe zur Versteifung und zum ansehnlichen Kragen aufstellen versehen und dann auch noch in Folie verpackt. Das habe ich so auch noch nicht gesehen, Respekt!

1 Kommentar:

  1. Hmm, wie wärs: Ich schick dir alle meine Hemden und die lässt sie in deiner "Butze" waschen und bügeln?
    Ob das Porto teurer kommt als die Reinigung in Deutschland? :))

    AntwortenLöschen