Donnerstag, 19. Januar 2012

Enjoy the Silence

Es ist 19:20 Uhr am 19. Januar 2012. Ich sitze auf einem zu niedrigen Stuhl an einem Tisch am Hotelpool auf der rückwärtigen Seite des Unigraha-Hotels in Kerinci, Indonesien. Die Sonne ist längst untergegangen, das bringt die Äquatornähe mit sich. Dennoch ist es unglaublich warm. Die Temperatur muss nahe den 30°C liegen, in Shorts und T-Shirt schwitze ich ohne Bewegung. Um mich herum schwirren immer wieder kleine Mücken oder Moskitos. An den Wänden bewegen sich kleine Echsen um dort angebrachte Lampen.
Heute gibt es "Mongolian Barbecue", was draußen aufgebaut ist und erklärt, weshalb ich mich nicht im klimatisierten Gebäude befinde. Ich bin scheinbar unter den ersten Gästen an diesem Abend. Ohne Hast stelle ich mir einen Teller mit ausgewählten Speisen zusammen. Nachdem ich diesen bei dem extra dafür abgestellten Koch zum Braten abgegeben habe, entscheide ich mich noch für einen kleinen Salatteller. Als ich den Salat gegessen habe und noch auf meinen Teller mit Gebratenem warte, trinke ich ein Carlsberg, neben San Miguel im Hotel erhältliches Bier. Während ich einen Schluck des kühlen, goldgelben Nasses meine Kehle hinabrinnen lasse, erscheint mir die Situation falsch, beinahe unwirklich.
Es ist tiefster Winter mit Temperaturen um den Gefrierpunkt zuhause, in der Heimat. Heimat, was bedeutet das eigentlich? Zuhause ist da, wo das Herz ist, heißt es. Ist das nach dieser Definition überhaupt ein geographischer Ort? Oder vielmehr ein Gefühl, dass man vielleicht mit einem Ort, eher aber mit besonderen Menschen verbindet? Ich denke, es gehört beides zusammen. Ein festes Zuhause, eine Wohnstatt, die meine Handschrift trägt und in der ich mich daheim fühlen kann, ist wichtig für mich. Insbesondere auf Reisen in Länder, die sich Tausende Kilometer davon entfernt befinden, in denen andere Zeitzonen gelten, in denen andere Sprachen gesprochen werden, ja sogar andere Jahreszeiten herrschen, wird mir diese Tatsache umso mehr bewusst. Ein zentraler Punkt, zu dem ich immer wieder zurückkehre. In dessen Nähe sich Menschen befinden, die mir wichtig sind und mir das Gefühl geben, zu existieren, einen Grund dafür liefern. Auch wenn meine Heimstatt ein gewisses, ein lebendiges Element vermissen lässt, ist es doch der Ort, an den es mich zurückzieht.
Ich strecke mich, und als ich den Kopf in den Nacken lege und in die Schwärze über mir blicke, frage ich mich, ob ich in den selben Himmel sehe wie die Menschen in meiner Heimat.
Die Kellnerin unterbricht meine Gedanken mit meinem Teller mit gebratenem Fleisch und Gemüse. Es ist sehr lecker. Ich bestelle ein weiteres Bier.

3 Kommentare:

  1. Sehr melancholisch, aber wahr....

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  2. Wow! Ich freu mich auf jeden Fall, wenn Du wieder hier bist :)

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    1. Hmm, freu ich mich denn auch? Mit "Anonym" kann ich ja so wenig anfangen ;)

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